Reschensee Kitesurfen – Eingerahmt von schneebedeckten Bergen, inmitten eines saftig grünen Tales thront hoch oben in den Alpen eines der faszinierendsten Reviere zum Kitesurfen jenseits bekannter Küstenlinien.
Gebirgsseen gehören nicht gerade zu den üblichen Kitespots für unsere Kitereisen Checks. Umso mehr haben wir uns über die Einladung von Element Sports gefreut, das Team an ihrer Kiteschule am Südtiroler Reschensee zu besuchen. Der Rosenheimer Kite- und Online Shop Betreiber bringt hier im Reschental, Nahe der italienischen Ortschaft Graun im Vinschgau bereits seit 2002 Wassersportbegeisterte aufs Brett und unter den Schirm.
Der Reschensee
Nur wenige Kilometer hinter der österreichischen Grenze im westlichen Teil Südtirols erstreckt sich auf einer Länge von sechs Kilometern, mit einer Breite von bis zum einem Kilometer der Lago di Resia, wie man hier in Italien sagt. Der smaragdgrüne Stausee liegt auf einer Höhe von 1.500 Meter und ist umgeben von einer bis zu 3.000 Meter hohen Bergkette. An seinen grünen Hängen grast das Tiroler Grauvieh und der Klang ihrer Halsglocken hallt hinunter bis ins Tal. Am südlichen Fuß des Passes erhebt sich imposant der fast 4.000 Meter hohe schneebedeckte Ortler in den Himmel und malt dieses einzigartige alpine Panorama.
Doch so beeindruckend das Tal auch ist, so bewegend ist auch seine Geschichte. Nur wenige Meter vor dem Ufer der Ortschaft Graun, ragt die Turmspitze der alten Pfarrkirche St. Katharina aus dem Wasser des Reschensees. Sie ist das letzte Überbleibsel des alten Dorfes Graun und stummer Zeitzeuge einer Tragödie. 1950 verloren bei der Flutung des Reschensees über 100 Familien aus Graun und Reschen ihr zu Hause und mussten zwangsumgesiedelt werden. Häuser und Land fielen damals dem gigantischen Stauprojekt eines großen Energiekonzerns zum Opfer. Heute ist die Turmspitze das Wahrzeichen der Region und Anziehungspunkt vieler Reisender.
Wind und Klima zum Kitesurfen
Der Wind am Reschensee schreibt seine eigenen Gesetze. Selbst Locals vermögen in letzter Konsequenz nicht vorherzusagen, wann der Wind am Reschensee zum Kitesurfen ausreicht und wann nicht. Daher sprechen die meisten vor Ort lieber von Tendenzen. Es gibt aber ein paar Faktoren, die auf kitebare Tage am Reschensee hindeuten.
Das Windsystem über den Alpen funktioniert grundsätzlich über einen Druckausgleich zwischen dem Norden und dem Süden. Man spricht allgemein vom Alpenföhn. Die Druckdifferenz könnt ihr mit einem Föhndiagramm auf unterschiedlichen Wetterseiten ermitteln. Für den Reschensee nutzt man am besten das Föhndiagramm zwischen Innsbruck und Bozen.
Besitzt Innsbruck im Norden einen tieferen Druck als Bozen im Süden, kann mit einem Südföhn gerechnet werden. Die Druckdifferenz im Föhndiagramm schlägt in diesem Fall positiv aus. Beim umgekehrten Fall mit einem tieferen Druck in Bozen spricht man vom Nordföhn, folglich von einer negativen Druckdifferenz. Damit der Alpenföhn aber Fahrt aufnehmen kann, bedarf es erfahrungsgemäß mindestens einer Druckdifferenz von 4 Hektopascal (hPa).
Der Südföhn ist eher etwas für Langschläfer. Er beginnt nicht vor 12 Uhr und endet in der Regel gegen 18:00 Uhr. Der Südföhn bläst zum Kitesurfen sehr konstant, ist aber im Durchschnitt etwas schwächer als der Nordföhn. Dieser startet gegen 10:00 Uhr etwas früher in den Tag und kann sogar die ganze Nacht über anhalten. Der Nordföhn ist deutlich stärker als der Südföhn, dafür aber auch böiger und nicht selten kühler. Westliche und östliche Winde eignen sich am Reschensee nicht zum Kitesurfen. Auch helfen Euch Windfinder und Co. für die Windvorhersage am Reschensee nur bedingt weiter. Dennoch lassen sich Windrichtung im Windfinder und die Grundströmung im Föhndiagramm gut übereinanderlegen.
Der Wind am Reschensee wird regelgerecht durch das Reschental gepresst und beschleunigt so zusätzlich mittels Düseneffekt zwischen den hohen Bergkämmen, sodass ihr das ganze Jahr über mit einer hohen Windwahrscheinlichkeit von etwa 20 Tagen pro Monat rechnen könnt. Der Reschensee ist ein Leichtwindrevier zum Kitesurfen. Aufgrund der Höhenlage des Kitespots und der damit verbundenen dünneren Luft, benötigt ihr im Schnitt sogar eine Kitegröße mehr als etwa an der Nordsee. Folglich gehören unbedingt große Kiteschirme und Boards mit ins Kitegepäck.
Unser KMTV Tipp: Nutzt jedes Lüftchen zum Kitesurfen aus. Kommt rechtzeitig vom Wasser, wenn der Wind schwächer wird. Gegen Abend frischt der Wind in der Regel immer nochmal wieder auf.
Auch klimatisch hat das Reschental so seine Eigenheiten. Aufgrund der Abschottung des Tales durch die umliegenden Berge haben übliche Wetterlagen weniger Einfluss auf das Klima am Reschensee. Es fällt kaum Regen und die Sonnenstunden liegen weit über dem Durchschnitt für die Alpenregion. Die wärmsten Monate sind Juni bis August mit Temperaturen bis zu 30 Grad Celsius.
Die Wassertemperatur des Reschensees übersteigt im Jahresdurchschnitt kaum die 16 Grad Marke, sodass ihr auch im Sommer einen langen Neoprenanzug zum Kitesurfen tragen müsst. Im Winter friert der Reschensee vollständig zu. Die 40 Zentimeter dicke Eisschicht ist dann Anziehungspunkt von hunderten Sportlern, die während der kalten Monate hierher zum Snowkiten pilgern.
Anreise und Kosten der Kitereise
Aus dem Norden Deutschlands habt ihr zwei Möglichkeiten, um zum Kitesurfen an den Reschensee zu reisen. Mit dem Flugzeug benötigt ihr etwa von Bremen oder Hamburg 1 Stunde und zwanzig Minuten nach Innsbruck. Von Innsbruck aus sind es anschließend noch etwa 1,5 Stunden mit dem Auto bis zum Kitespot. Flugtickets bekommt man etwa bei Lufthansa für rund 200 EUR. Mit der Flugsuchmaschine Skyscanner findet Ihr am schnellsten günstige Flüge nach Innsbruck.
Natürlich ist der Reschensee auch gut mit dem Auto zu erreichen. Wer aus dem Norden kommt, sollte etwas mehr Zeit für seinen Kiteurlaub einplanen, denn die Fahrt dauert von Bremen aus ungefähr 10 Stunden. Schneller geht es da für die Münchener. Gerade einmal 3,5 Stunden bei freier Bahn benötigt man für die gut 200 Kilometer Wegstrecke.